Europa: Ein Kontinent mit vielen Möglichkeiten und Perspektiven. Aber nicht alles läuft perfekt. Klimaschutz, Migration, Brexit und die Corona-Krise sind nur einige Beispiele, die Europa vor große Herausforderungen stellen und die Einheit bedrohen. Kann der europäische Hochschulsport Brücken zwischen den Nationen schlagen und dadurch zum vereinten Europa beitragen?
Von Yannick Quast, Gastbeitrag der Universität Tübingen
© Foto: Adobe Stock – canbedone
Die European University Sports Association (EUSA) ist eine 1999 in Wien gegründete Sportorganisation mit aktuell 46 Mitgliedern, die die Interessen des Hochschulsports auf europäischer Ebene vertritt. Ziele wie Gleichberechtigung der Geschlechter, Fair Play und der Kampf gegen den Dopingmissbrauch werden von der EUSA ebenso verfolgt wie die Förderung der Gesundheit aller Studierenden in Europa. Eine wichtige Aufgabe der EUSA, die ihren Sitz in Ljubljana (Slowenien) hat, ist die Organisation von Hochschulsport-Wettbewerben. Im jährlichen Wechsel veranstaltet die EUSA die „European Universities Games“ (EUG) sowie in mehr als 20 Sportarten die „European Universities Championships“ (EUC). Bei den EUG werden acht Kernsportarten sowie zwei optionale Sportarten ausgerichtet. 2020 hätten die 5. European Universities Games in Belgrad (Serbien) stattfinden sollen. Bis zur Covid-19-Pandemie im März 2020 waren die Vorbereitungen in vollem Gange. Mehr als 5.500 Athletinnen und Athleten von 400 Universitäten waren bereits registriert. Die EUSA entschied jedoch, das Event auf Juli 2021 zu verschieben. Nun erfolgte die erneute Absage. Ob die EUG zu einem späteren Zeitpunkt in Belgrad stattfinden kann, ist ungewiss. „Es gibt noch immer keine Kontrolle über die Entwicklung der Corona-Pandemie in Europa“, erklärt Adam Roczek, Präsident der EUSA.
Neben der EUSA sind Spitzensportverbände wie die European Handball Federation (EHF) für den Sport in Europa verantwortlich. Trotz vieler Schnittmengen lassen sich bei einem Vergleich derer Events Unterschiede erkennen. „Bei den Veranstaltungen der europäischen Spitzensportverbände nehmen die besten Athletinnen und Athleten aus Europa teil, um herausragende Wettkampfergebnisse für ihr Land zu erzielen. Bei den EUSA-Veranstaltungen nehmen Sportlerinnen und -sportler teil, die für ihre Universitäten an den Start gehen – die Nationalität spielt keine Rolle“, erklärt der EUSA-Präsident Roczek. Deshalb werden bei den Siegerehrungen keine Nationalhymnen gespielt und auch keine Nationalflaggen zu Ehren der Siegerinnen und Sieger gehisst. Damit will „die EUSA einen Beitrag zum Abbau des Nationalismus und der Entwicklung eines europäischen Sportgedankens leisten“, so Jörg Förster, Vorstandsvorsitzender des Allgemeinen Deutschen Hochschulsportverbands (ADH) und Mitglied des EUSA-Vorstands. Oder um es mit den Worten des EUSA-Präsidenten Roczek zu sagen: „Die Herausforderung der EUSA besteht darin, durch das Sportprogramm eine Umgebung zu schaffen, in der sich alle Teilnehmer, egal woher sie kommen, gleichberechtigt innerhalb unserer Gemeinschaft fühlen können.“ Trotzdem leisten beide Veranstaltungsreihen laut Roczek aber einen wichtigen Beitrag zum Zusammenhalt Europas, indem sie Sportler und Gesellschaften zusammenbringen.
Bei allen EUSA-Events – seien es Wettkampf- oder Bildungsveranstaltungen – sollen die Studierenden neue Kontakte knüpfen und sich untereinander austauschen. Über die gemeinsame Freude und Leidenschaft am Sport fällt dies einfacher als in anderen Lebenssituationen. „Gemeinsame Erlebnisse, auch jenseits des Wettkampfs, verbinden die Idee von Vielfalt und eines grenzenlosen Europas und leisten somit einen Beitrag zum Bologna-Gedanken. Nationalismus hat keinen Platz bei EUSA-Veranstaltungen und es werden Grenzen in den Köpfen abgebaut“, erläutert Förster. Dies ist wichtig, da die Studierenden in ihren Ländern zukünftig aktive Gestalter ihrer Umwelt sein werden und sich den Problemen und Herausforderungen der modernen Welt stellen müssen.
Die EUSA sieht es aber auch als ihre Aufgabe, den Universitätssport auf nationaler Ebene zu stärken und zu fördern. „Ich bin davon überzeugt, dass Sport an jeder europäischen Universität ein wichtigeres Instrument zur Integration in die Universitätsgemeinschaft ist. Der Mangel an Beziehungen zwischen Studierenden verschiedener Fakultäten, die Reduzierung der Universität auf einen Ort, an dem man eine Ausbildung erhält, wird langsam zum Standard in ganz Europa. Die EUSA versucht zusammen mit ihren Mitgliedsverbänden und den Universitäten durch die Organisation von Sport- und Bildungsveranstaltungen zu zeigen, dass der Universitätssport einen hohen Stellenwert in unserem Alltag hat. Europa ist nicht so vereint, wie wir es uns wünschen, aber durch unsere Aktionen versuchen wir, es besser zu machen“, sagt Adam Roczek.
Europa vereinen: Ein Ziel und auch eine große Herausforderung. Nicht nur für die EUSA. Allein wird sie nicht in der Lage sein, Europa zu vereinen. Durch ihre Veranstaltungen und Angebote können Studierende aller europäischer Länder aber neue Kontakte schließen, sich austauschen, Vorurteile abbauen und gemeinsame Visionen entwickeln. Auch dadurch können Brücken zwischen den europäischen Nationen geschlagen und Verständigung erzielt werden. Die Arbeit der EUSA und seiner Mitgliedsverbände ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung und hat das Potential, als Vorreiter für ein gemeinsames Europa zu dienen.
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